Europäische Kommission: Aktionsplan für die europäische chemische Industrie

Die chemische Industrie ist für 96 % aller hergestellten Güter essenziell und damit ein Rückgrat der europäischen Wirtschaft. Aufgrund von Herausforderungen wie hohen Energiepreisen, geopolitischen Spannungen und wachsender Konkurrenz – insbesondere aus China – steht der Sektor jedoch unter Druck. Die Europäische Kommission hat deshalb einen Aktionsplan entwickelt, um die Wettbewerbsfähigkeit, Resilienz und Nachhaltigkeit der Branche zu sichern.

Der Aktionsplan setzt auf enge Zusammenarbeit zwischen Kommission, Mitgliedstaaten, Industrie und Gesellschaft. Ziel ist eine moderne, wettbewerbsfähige und nachhaltige chemische Industrie, die Europas industrielle Unabhängigkeit stärkt und gleichzeitig Umwelt- und Klimaziele erreicht.

Stärkung der Resilienz
Die EU will ihre kritischen Produktionskapazitäten – etwa in der Petrochemie, Ammoniak- und Chlorherstellung – erhalten und modernisieren. Dazu wird eine Allianz für kritische Chemikalien gegründet, die Schlüsselstandorte und -stoffe identifiziert, Monitoringmechanismen aufbaut und Investitionen koordiniert. Zudem sollen neue Märkte erschlossen und faire Wettbewerbsbedingungen durch Handelsabkommen, Anti-Dumping-Maßnahmen und eine verstärkte Marktüberwachung geschaffen werden.
 
Sicherstellung der Energieversorgung und Unterstützung der Dekarbonisierung

Die Energieintensität der chemischen Industrie macht sie besonders anfällig für Preisschwankungen. Die Kommission plant daher die Förderung von erschwinglicher Energie, z. B. durch angepasste Beihilfeleitlinien und gezielte Entlastungen. Gleichzeitig soll die Dekarbonisierung durch Elektrifizierung, Wasserstoffnutzung, Carbon-Capture-Technologien und biobasierte Rohstoffe beschleunigt werden. Unterstützung kommt durch Programme wie den Innovationsfonds, Horizon Europe, InvestEU und den geplanten Industrie-Dekarbonisierungsfonds.

Förderung von Leitmärkten und Innovation

Um die Einführung klimafreundlicher Technologien zu fördern, werden Anreize wie steuerliche Erleichterungen und Kriterien für nachhaltige öffentliche Beschaffung eingeführt. Innovationszentren (Innovation Hubs) sollen Unternehmen bei der Entwicklung sicherer und nachhaltiger Chemikalien unterstützen. Eine neue Advanced Materials Act soll die Innovation im Bereich Hochleistungsmaterialien vorantreiben.

Vereinfachung des regulatorischen Rahmens

Die Kommission strebt eine Verringerung der bürokratischen Belastung um 25 % für Unternehmen und 35 % für KMU an. Mehrere „Omnibus“-Pakete sollen unter anderem die Kennzeichnungspflichten, Umweltauflagen und das REACH-Regelwerk vereinfachen. Außerdem wird eine neue Verordnung für die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) vorgeschlagen, um deren Effizienz und Finanzierungsstruktur zu verbessern.

Umgang mit PFAS

Die Kommission verfolgt eine umfassende Strategie zur Reduktion von PFAS (Ewigkeitschemikalien). Geplant sind ein Verbot in Verbraucherprodukten, klare Ausnahmen für unverzichtbare industrielle Anwendungen, eine EU-weite Überwachung sowie Forschungsförderung für Ersatzstoffe und Sanierungstechnologien. Ein öffentlicher-privater Dialog soll die Umsetzung begleiten.