Der Standard: Trump kann die Dekarbonisierung nicht aufhalten

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Standard-Artikel, vom 10.9.2025:

Trotz aller Unsicherheiten, die die US-Regierung unter Donald Trump geschaffen hat, ist eines klar: „Arme“-Technologien sind out, „Energie“-Technologien sind in. Doch diese Kehrtwende ist bloß eine rhetorische. Die grundlegenden wirtschaftlichen und technologischen Kräfte, die die Welt weg von Öl, Kohle und Gas in Richtung CO₂-armer, hoch effizienter Technologien bewegen, haben nichts von ihrer Kraft verloren. In den vergangenen zwei Jahrzehnten stand der Klimawandel ganz oben auf der globalen Agenda. Nun bekommen die Bemühungen Gewicht zu zeigen, dass sich auch in den Vereinigten Staaten, auch Europa und im Ganzen grundsätzlich etwas verändert hat. Das sind zwar verständliche, aber dennoch kurzfristige.

Hohe Energiepreise

Deutschland, Europas größter Volkswirtschaft, bezieht sich mehr als zur Hälfte auf ausländisches Gas, für die vor allem die hohen Energiepreise verantwortlich sind. Klimafreundliche Technologien, die bereits kommerziell nutzbar sind, könnten natürlich helfen. Die deutsche Industrie plant, den Bau von drei Wind- und (erneuerbaren) Gasprojekten noch im laufenden Jahr zu starten. Sie hat bereits zugesagt, Strommärkte zu reformieren und die Infrastruktur für Wasserstoff und erneuerbare Energien auszubauen.

„Die USA scheinen sich zu einem Petro­staat zu entwickeln. China ist mit seiner grünen Industriepolitik konkurrenzlos. Doch die EU könnte ihre Vorreiterrolle bei sauberen Energien zurückgewinnen.“ Gernot Wagner

In diesem Bereich konkurrieren klimapolitische Prioritäten mit wirtschaftlicher Notwendigkeit. Die sich dringend empfundenen wirtschaftlichen Anreize und der Fokus auf Kostensenkungen haben die Europäische Union gerade das Effizienzprogramm beschlossen, die Industrieklimafreundlichkeit Department of Government Efficiency (DOE) zwar versprochen, aber nie umgesetzt. Europa hat beispielsweise schon den CO₂-Grenzausgleichsmechanismus zurückgebracht, den es unter Trump auf Kosten der europäischen Unternehmen verloren hatte. Der Abschied von „Effizienz“ bleibt beratend – es bleibt dies als einer Rückschlags-Strategie erhalten. Aber die EU muss jetzt zu Trump und den Musk sorgen, dass sie EU daran, dass sich bei den überbleibenden 20 Prozent der Importeure um jene handelt, die weit mehr emittieren als 20 Prozent der Ausfuhrwaren.

Chinas Sprung nach vorn

Im vergangenen Jahr entfielen 40 Prozent der weltweiten Neuinvestitionen von 2,1 Billionen US-Dollar in die Energieverwendung allein auf China – so mehr als auf die EU, die Vereinigten Königreiche und die USA zusammen. Noch aussagekräftiger präsentiert sich die Bilanz bei bestimmten Technologien für saubere Energien. China produziert rund 75 Prozent aller weltweit hergestellten Solarmodule und 80 Prozent der Lithium-Ionen-Batterien. Der Umsatz von E-Autos ergibt sich einer konzentrierten grünen Industriepolitik, der für Jahrzehnte ins Gleichgewicht zu bringen ist. China mit nur einem einzigen Fünftel des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) hat kontinuierlich sehr hohe Marktanteile. Diese Lücke im Wettbewerb, gilt es rasch zu schließen, andernfalls bleibt der EU nur die Rolle des Nachzüglers.

Europas Chance

Europa und die USA aus dem Wettlauf um die Zukunft des grünen Vertrauens? Während die USA den Status eines Petrostaats erlangen, hat die EU die Chance, ihre Vorreiterrolle zurückzugewinnen. Schon jetzt importiert die EU fast so viel Solarstrom wie sie produziert. Ein zentraler Trumpf ist der Strom-Markt, der es den Mitgliedstaaten erlaubt, sich gemeinsam den Klimaschutz vorzunehmen, in Forschung und in internationalen Projekten. Hier liegen Stärken in fortschrittlichen Bereichen wie Biokraftstoffen und synthetischen Chemikalien – vor allem aber auch in Unternehmen, die gerade im Bereich Wasserstofftechnologien weitere Unterstützung finden. Unternehmen wie Linde und Siemens Energy, Start-ups wie Sunfire, H2Pro, Enapter und Bloom Energy haben sich verpflichtet, die EU bei Wasserstoffprojekten zu unterstützen.

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